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„Wir müssen nicht immer etwas Besonderes machen, um gemeinsam Spaß zu haben“
Wie meistert eine alleinerziehende Mutter von fünf Kindern ihren Alltag? Therese Hellström hat einen Weg gefunden. Ihr Trick? Alltagsroutinen, die wirklich funktionieren. Aber manchmal ignoriert sie all die Dinge, die erledigt werden müssen, all die Aufgaben und Erwartungen, um das Hier und Jetzt zu erleben. Das ist etwas, an das wir uns alle hin und wieder erinnern müssen.
„Ab und an muss man sich einfach eine Minute Zeit nehmen und den Moment genießen. Dann sehe ich den Kindern zu und schenke ihnen meine ganze Aufmerksamkeit. Ich beobachte sie zum Beispiel beim Trampolinspringen und sage mir, wie wunderbar meine Kinder doch sind“, erzählt Therese.
Sobald der Wecker morgens um viertel nach sechs klingelt, geht es mit Vollgas los. Therese macht sich in wenigen Minuten fertig, bevor es an der Zeit ist, die Kinder zu wecken. Denn dann dreht sich alles um sie. Frühstück, Zähne putzen, anziehen. Und dann müssen auch noch die Schulranzen gepackt werden.
„Neulich musste Oskar, mein 6-Jähriger, in rosafarbenen Einhornsocken zur Schule gehen. Ihm gefiel das überhaupt nicht. Doch in der Nacht zuvor hatte es geregnet und ich konnte die Wäsche nicht im Hof aufhängen“, berichtet Therese.
Punkt acht verlässt die ganze Familie das Haus. Die ältesten vier gehen mittlerweile allein zur Schule. Nur der 2-jährige Hanad wird von seiner Mutter in den Kindergarten gebracht.
„Oskar geht seit Kurzem allein zur Schule. Wenn man nur noch ein Kind an einem Ort abgeben muss, ist das eine erhebliche Erleichterung“, sagt Therese.
Mit dem Bus fährt sie zu ihrem Arbeitsplatz bei Fritidsbanken, einer gemeinnützigen Organisation, die gebrachte Sport- und Outdoor-Ausrüstung verleiht. Sie arbeitet in Teilzeit, damit Hanad nicht den ganzen Tag im Kindergarten verbringen muss. Um 13:20 Uhr ist ihr Arbeitstag vorüber. Sogleich geht es zurück zur Bushaltestelle.
Sie holt Hanad vom Kindergarten ab. Er weigert sich, einen Schuh anzuziehen, doch als Therese ihn in den Kinderwagen setzt und ihm ein Stück Brot zum Kauen gibt, vergisst er seinen Widerwillen. Die älteste Tochter Johanna, die gerade mit dem Bus nach Hause gekommen ist, begleitet Therese, wenn es an der Zeit ist, Oskar von der Schule abzuholen. Aus irgendeinem Grund fängt Hanad wieder an zu schreien, doch als sein großer Bruder ihm entgegenläuft, strahlt er plötzlich vor Freude. Nach dem glücklichen Wiedersehen geht es zurück nach Hause. Es dauert allerdings eine Weile, denn der kleine Hanad entdeckt unterwegs einen Stock, den er unglaublich spannend findet.
Sobald sie zu Hause ankommen, bereitet Therese das Abendessen vor. Es gibt Pyttipanna, ein typisch schwedisches Gericht aus Kartoffeln, Fleisch und Zwiebeln. Dabei wendet sie einen neuen Trick an: Sie brät das Gericht nicht auf dem Herd, sondern bereitet es im Backofen zu. So spart sie Zeit und kann sich nebenher um andere Dinge kümmern.
„Wir essen oft recht spät zu Abend, da ich gern erst noch andere Dinge erledige, wenn ich nach Hause komme. Manchmal hilft mir meine älteste Tochter, die entweder staubsaugt oder Hanad im Auge behält. Ich sauge mindestens zweimal am Tag und lüfte die Betten. Wenn noch Zeit bleibt, mache ich auch die Betten der Kinder. Ich weiß, das klingt albern, aber ich liebe das Gefühl von frischer Bettwäsche, wenn ich mich abends endlich zur Ruhe legen kann.“
Die Kinder stehen am Tisch und unterhalten sich, während Therese das Essen auf den Tellern anrichtet. Perfekt, es bleibt noch genug für morgen Mittag übrig! Kochen ist nicht gerade Thereses Lieblingsbeschäftigung, doch die Zeit, die sie mit ihrer Familie am Küchentisch verbringt, ist der schönste Moment des Tages.
„Dann reden wir wirklich über alles. Jeder hat ein anderes Alter und eine andere Sichtweise, da sind unterhaltsame Gespräche vorprogrammiert. Manchmal lachen wir, bis uns die Tränen kommen. Das sind die Momente, dich ich am meisten vermissen werde, wenn die Kinder ausziehen“, sagt Therese.
Während sie den Tisch abräumt, spielen die Kinder im Wohnzimmer Fußball.
„Trotz ihres Altersunterschieds sind die Kinder gerne zusammen. Ich hoffe, dass sie auch später als Erwachsene eine enge Bindung haben werden“, sagt Therese.
Zum Abendprogramm gehört, dass alle gemeinsam Bluey schauen. Die animierte Kinderserie handelt von einer Hundefamilie und ihren täglichen Abenteuern.
„Es ist eine Sendung, die jeder von uns mag und die wir alle gemeinsam schauen können“, erzählt Therese.
Halb neun hat jeder seinen Abendsnack gegessen und die Zähne geputzt. Für die drei jüngsten ist es Zeit, ins Bett zu gehen. Therese wünscht Ellie und Oskar eine gute Nacht, bevor die beiden auf ihre Zimmer gehen. Ellie lauscht einem Hörbuch, während das Nachtlicht brennt. Oskar mag es lieber still und dunkel. Unten im Wohnzimmer schläft Hanad auf Thereses Schoß ein und sie bringt ihn ins Bett.
Um 21 Uhr ist das Haus still. Nur Therese und die beiden Teenager sind noch wach.
„Jetzt mache ich mir eine große Tasse Tee, nasche vielleicht ein Eis und schaue eine Serie, um mich zu entspannen. Nun kann ich mir auch Zeit für meine großen Kinder nehmen, für die nicht so viel Zeit bleibt, wenn alle wach sind. Tagsüber kann ich kaum telefonieren, ohne dass jemand gleichzeitig meine Aufmerksamkeit verlangt“, sagt Therese und bemerkt, dass das Leben wie im Flug vergeht.
„Ich nehme Medikamente gegen ADHS und glaube, dass unsere Routinen deshalb so wichtig sind. Mit ihnen bekomme ich das Chaos in meinem Kopf in den Griff. Im Sommer ignoriere ich jedoch manchmal unsere Routinen und wir gehen einfach raus und haben eine schöne Zeit, wenn die Sonne scheint. Irgendwann muss man sich einfach etwas Zeit für sich selbst nehmen. Ich sehe den Kindern beim Trampolinspringen zu und denke, wie wunderbar sie doch sind und dass wir nicht immer etwas Besonderes machen müssen, um gemeinsam Spaß zu haben. Das ist schön. Ich habe wirklich wundervolle Kinder. Oder vielleicht habe ich auch einfach nur alles richtig gemacht.“
Info
Die Familie besteht aus Mutter Therese, der 16-jährigen Joanna, dem 14-jährigen Noah, der 9-jährigen Ellie, dem 6-jährigen Oskar und dem fast 2-jährigen Hanad. Sie leben in einem Haus in Skelleftehamn, im hohen Norden an der schwedischen Ostküste.